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Der
unter dem Namen Justinian
I.
bekannte Kaiser, ist der wohl bekannteste Herrscher des Oströmischen
Reiches und der Spätantike. Seine fast 40 Jahre andauernde
Regierungszeit war geprägt vom Versuch der Wiederherstellung des
Römischen Reiches (Justinians Restaurationswerk) und gleichzeitig auch
vom Übergang des Römischen Reiches in das Byzantinische Reich. Er
selbst war der letzte römische Kaiser, dessen Muttersprach Latein war. Justinian wurde als Flavius Petrus Sabbatius um 482 n. Chr. in Tauresium (Mazedonien) als Sohn eines Bauern geboren. Sein Onkel Justin machte zu dieser Zeit im Heer Karriere und holte Justinian recht bald in die Hauptstadt Konstantinopel um ihm eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Nachdem Justin, als Justin I., im Jahre 518 den oströmischen Thron bestieg, wurde Justinian Stück für Stück zu seinem Nachfolger aufgebaut. Nach der Adoption durch Justin erhielt er den Namenszusatz Iustinianus und machte eine gewaltige Karriere. Schon bald fungierte er als wichtigster Berater des Kaisers und galt ab 525 n. Chr. als offizieller Thronerbe. Wegen seines raschen sozialen Aufstiegs war er Zeit seines Lebens Anfeindungen der senatorischen Oberschicht ausgesetzt. Nach dem Tod seines Onkels am 1. August 527 wurde Justinian, als Justinian I., neuer Alleinherrscher über das Oströmische Reich. Dessen Gebiet erstreckte sich damals im Grunde noch über die fast gleichen Gebiete wie bei der Reichsteilung im Jahre 395. Die Ansprüche über die ehemaligen Gebiete des Westens hatten die oströmischen Kaiser aber auch nach dem Untergang Westroms nie aufgegeben. Justinian musste sich zu Beginn seiner Amtszeit jedoch nicht dem Westen sondern dem Osten widmen. Dort stand ein großer und mächtiger Feind mit dem Rom schon unzählige Kriege ausgetragen hatte: Das persische Sassanidenreich. Der Konflikt war bereits ein Jahr vor Justinians Machtantritt wieder "heiß" geworden. Nach einigen Siegen (z.B. 530 bei Dara) und trotz der Niederlage von Callinicum (April 531) ließ Kaiser Justinian 531 n. Chr. eine große Siegesfeier abhalten. In Wirklichkeit endete der Konflikt ohne einen klaren Sieger und wurde durch eine hohe Zahlung der Römer erkauft. Bereits zu beginn seiner Amtszeit zeigte sich auch Justinians starke Verbundenheit mit dem christlichen Glauben. Er behauptete seine Herrschaft direkt von Gott erhalten zu haben und trieb die Christianisierung eifrig voran. Das Schließen der neuplatonischen Philosophenschule von Athen im Jahre 529 gilt als einer der markanten Ereignisse, die für das Ende der Antike stehen. Vermutlich war der heidnische Einfluss der Schule für Justinian ein Dorn im Auge. In späteren Jahren wurden seine Maßnahmen zum Wohle der Christenheit noch radikaler: Es kam zu Verfolgungen von Nichtchristen, die Kindstaufe wurde Zwang und der Abfall vom Glauben mit der Todesstrafe belegt. Zudem gab es Bücherverbrennungen "heidnischer" Literatur. Einzig das Judentum wurde offiziell weiter geduldet, wenn auch dessen Lage sich deutlich verschlechterte. Justinians Maßnahmen führten schließlich dazu, dass sich die letzten Teile der römischen Volkssouveränität zu einem starken Gottesgnadentum verwandelten - Eine Herrschaftsform die Europa das gesamte Mittelalter beherrschen sollte. Einige Monarchen Europas (z.B. Großbritannien) führen bis heute den Zusatz "von Gottes Gnaden" in ihrem Titel. Nicht alle Menschen waren von Justinians Vorstellungen zum Kaisertum angetan und so hatte er vor allem bei den Senatoren viele Feinde. Zu einem ernsten innenpolitischen Problem wurde die Lage erst, nachdem sich Justinian Anfang 532 mit den Zirkusparteien anlegte. Hierzu muss man wissen, dass die Zirkusparteien (Rennställe im Römischen Reich) auch zunehmend politische Bedeutung hatten, da ein Großteil der Stadtbevölkerung in ihnen organisiert war. Als nun bei einer Hinrichtung zweier Mitglieder verschiedener Rennställe der Galgen zusammenbrach forderten beide Parteien die Begnadigung. Justinian verweigerte demonstrativ die Aussprache mit dem Volk und provozierte so weitere Tumulte. Schließlich vereinten sich beide Zirkusparteien und proklamierten unter dem Schlachtruf "Nika" (Siege) den Gegenkaiser Hypatius. Der sogenannte Nika-Aufstand, an dem mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mehrere Senatoren beteiligt waren, hatte begonnen. Justinian sah die Lage anfangs als verloren an und dachte darüber nach aus Konstantinopel zu fliehen. Schließlich gelang es Justinians Feldherren Belisar aber doch den Aufstand niederzuschlagen. Im Hippodrom, wo sich die Aufständischen versammelt hatten, kam es zu einem grausamen Massaker, dem etwa 30.000 Menschen zum Opfer fielen. Hypatius wurde am Folgetag hingerichtet und der Aufstand war beendet. Während des Nika-Aufstandes wurden große Teile der Stadt zerstört, so auch die Große Kirche von Konstantinopel. Am 23. Februar 532 begann daher der Bau einer neuen und größeren Kirche, deren Aussehen Justinian im Traum erschienen sein soll. Der Bau der "Hagia Sophia", wie das Gebäude bis heute heißt, sollte insgesamt fünf Jahre in Anspruch nehmen. Mit ihrer 32 m Spannweite und nur von vier Tragepunkten gehaltenen Kuppel gehört die Hagia Sophia bis heute zu den bekanntesten Bauwerken der Architekturgeschichte. Nachdem sie 1453 in eine Moschee umgewandelt wurde ist sie seit 1934 ein Museum, das Menschen von nah und fern anlockt. Kaiser Justinian hatte nun, nachdem der Krieg im Osten und der Aufstand im Inneren beendet war, Gelegenheit auch nach Westen zu schauen. Er war schon länger damit unzufrieden, dass das Vandalenreich (Nordafrika) seinen freundlich gesinnten König Hilderich abgesetzt und durch Gelimer ersetzt hatte. 533 n. Chr. rückte daher der kaiserliche Feldherr Belisar mit 20.000 Soldaten und 30.000 Matrosen nach Westen vor, um einen Krieg zu entfachen. Dabei war eine gänzliche Eroberung des Vandalenreiches zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht geplant, auch weil der letzte Vandalenfeldzug (468 n. Chr. mit Westrom zusammen) in einer Katastrophe geendet hatte. Zur Überraschung der Oströmer war der neuerliche Krieg aber in kürzester Zeit gewonnen, vermutlich auch weil die Vandalen viele Soldaten in Sardinien hatten um einen Aufstand niederzuschlagen. Bereits am 15. September rückten die Römer in Karthago ein, ehe am 15. Dezember bei Tricamarum auch die letzte Schlacht gewonnen werden konnte. Gelimer, der noch vom Schlachtfeld fliehen konnte, wurde einige Zeit später gefangen genommen und schließlich bei einem großen Triumphzug durch Konstantinopel vorgeführt. 534 n. Chr. wurde Nordafrika wieder als Provinz der kaiserlichen Verwaltung unterstellt. Justinian hatte einen großen Sieg errungen und war nun gewillt seinen Eroberungszug fortzuführen. Das nächste Ziel der Römer waren die Ostgoten. Das Reich der Ostgoten existierte seit 493 n. Chr. und umspannte neben dem nördlichen Illyrien auch das gesamte italienische Kernland inklusive der ehemaligen Hauptstadt Rom. Justinian erkannte nach dem Sieg gegen die Vandalen seine einmalige Chance und eröffnete im Jahre 535 den Gotenkrieg. Zu diesem Zweck wurden Angriffe an zwei Fronten gestartet: In Dalmatien (heute Kroatien) und auf Sizilien. Während der Krieg in Dalmatien mehr oder weniger stecken blieb, konnte an der südlichen Front, unter Feldherr Belisar, ein Erfolg nach dem anderen gefeiert werden: Bis Anfang Dezember waren Sizilien, Neapel und sogar Rom erobert. Die Stadt Rom war zu diesem Zeitpunkt nur noch ein Schatten ihrer selbst und wurde durch die Kämpfe nochmals stark erschüttert. Der Krieg verlief in der Folgezeit deutlich schleppender und verwüstete weite Teile Italiens. 538 verloren die Oströmer Mailand, nach einer grausigen Schlacht, wieder an die Ostgoten. Auf dem Land nahmen die Hungersnöte zu und 539 fielen auch noch die Franken in Norditalien ein und kämpften sowohl gegen Römer als auch gegen Goten. Erst im Mai 540 fiel die ostgotische Residenzstadt Ravenna und der Krieg schien entschieden. Feldherr Belisar, der bisher die größten Eroberungserfolge vorweisen konnte, wurde nun allerdings von Justinian seines Amtes enthoben. Zuvor soll er eigenmächtig mit ostgotischen Adeligen verhandelt haben, die ihm die Kaiserwürde anboten. Noch bevor der Gotenkrieg eine endgültige Entscheidung bringen sollte brachen die Perser den neun Jahre zuvor ausgehandelten Frieden. Ob sie nur die günstige Lage ausnutzen wollten, auf ein gotisches Hilfsgesuch reagierten oder einfach Angst vor einem wiedererstarkten Rom hatten lässt sich nicht mehr zweifelsfrei klären. In jedem Fall musste Justinian reagieren und Truppen aus Italien nach Osten verlegen, woraufhin der Gotenkrieg vorest abebbte. In Kleinasien hatten die Perser bereits Antiochia verwüstet ehe die Römer die Lage langsam stabilisieren konnten. Innerhalb der nächsten Jahre entwickelte sich am östlichen Kriegsschauplatz mehr und mehr eine Pattsituation, auch wenn der Krieg noch bis 562 n. Chr. fortdauern und zahlreiche Ressourcen beanspruchen sollte. 541 n. Chr. war ein schwarzes Jahr für das Oströmische Reich: Erst nahmen die Ostgoten die Kämpfe wieder auf und Justinian befand sich in einem Zweifrontenkrieg, dann kam auch noch der Schwarze Tod über das Land. Von Ägypten aus kommend gelangte die Pest 542 nach Konstantinopel und weiter über den gesamten Mittelmeerraum. Justinian selbst soll an ihr erkrankt sein, konnte sie aber als einer der wenigen überleben. Später wurde die Krankheit nach ihm "Justinianische Pest" genannt - Eine zweifelhafte Ehre. Der Gotenkrieg, der sich nun in seiner zweiten Phase befand, wendete sich für Justinian vorerst zum Schlechten. Geschwächt durch Pest und Perserkrieg verlor das Oströmische Reich 543 Neapel und 546 sogar Rom. Erst als Belisar auf den italienischen Kriegsschauplatz zurückkehren durfte, schien auch der Krieg wieder zugunsten der Oströmer zu fallen. Von Süden kommend hob er die Belagerung Otrantos auf und marschierte 547 in Rom ein. Der Krieg wurde zu diesem Zeitpunkt bereits grausamer und blutiger geführt als je zuvor. Die totale Verwüstung Italiens zu dieser Zeit steht u.a. für den Übergang von der Antike ins Mittelalter. 549 n. Chr. marschierten die Ostgoten erneut in Rom ein, dessen Einwohnerzahl mittlerweile auf wenige 10.000 gesunken war. Die Stadt glich nunmehr einem Ruinenfeld. Justinian hatte nun entschieden Belisar endgültig abzuberufen und ersetzte ihn durch seinen neuen Feldherren Narses. Zu seinem Glück kam es an der Persienfront ab 551 zu einem, wenn auch nicht dauerhaften, Waffenstillstand, wodurch wieder mehr Kräfte für den Gotenkrieg frei wurden. Mit 30.000 Mann stieß Narses nun nach Norditalien vor und stellte sich bei Gualdo Tadino den Ostgoten, die er vernichtend schlagen konnte. Kurze Zeit später rückte er in Rom ein, dass nun endgültig von den Oströmer zurückerobert wurde. Im Oktober 552 kam es am Mons Lactarius, nahe Neapel, zur letzten großen Schlacht des Krieges. Nach zwei Tagen zähen Ringens war der Krieg endlich entschieden, auch wenn es noch bis 562 n. Chr. dauern sollte, ehe sich auch die letzten gotischen Festungen ergaben. Justinian war in nur wenigen Jahren gelungen was keiner für möglich gehalten hätte: Neben Nordafrika hatte er auch das Kernland des alten Imperium Romanum zurückerobert. Kurzfristig schien es so als wäre Rom zur alten Stärke zurückgekehrt. Aber der Schein trügte: Italien war verwüstet und für das strapazierte Imperium eher Belastung als Gewinn. Zwar versuchte Narses, im Auftrag Justinians, die Infrastruktur wieder aufzubauen, jedoch war die Zeit und das Geld knapp. Jahre des Krieges und der Pest hatten das Oströmische Reich zahlreiche Ressourcen gekostet, die Kämpfe sollten sich nach Justinians Tod als Pyrrhussieg erweisen. Bereits 568 n. Chr. fielen die Langobarden in Italien ein und konnten sich große Teile des Stiefels einverleiben. Justinian selbst musste den Zusammenbruch seines Restaurationswerkes nicht mehr erleben - Er starb am 14. November 565 in Konstantinopel.
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"Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss" |